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Marke

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Über das Thema Influencer und Marke redet im Moment jeder. Es gibt viele Erwartungen und Hoffnungen, aber auch viele Zweifel, ob es wirklich so effektiv ist, wie es die Befürworter versprechen.

Robert Levenhagen und Carsten Riemann sind da auch unterschiedlicher Meinung. Levenhagen ist Gründer der Software-Firma Influencer DB und vom Influencer Marketing begeistert. Riemann arbeitet bei der Mediaagentur JOM und betrachtet das Thema kritisch.

Wie kann man zwischen Influencern differenzieren?

Robert Levenhagen: Wir unterscheiden zwei Arten von Influencern: Zum einen solche mit einem fachlichen Fokus; sie decken einen bestimmten Themenbereich ab und haben über ihre spezifischen Kenntnisse eine Wirkung auf die Zielgruppe. Daneben kann man von Influencern mit Celebrity-Charakter sprechen. Diese erreichen die Menschen über ihre große Zielgruppe.

Wo ist Influencer Marketing überhaupt sinnvoll einsetzbar? Gilt dies auch für den B2B-Sektor?

Carsten Riemann: Wenn wir den B2B-Bereich betrachten, so kann ich nicht nachvollziehen, dass Influencer hier eine Wirkung haben sollen. Kein Joghurt-Hersteller wird den Handel bewegen, seine Produkte zu listen, wenn ihm dies ein Influencer einflüstert. In anderen B2B-Bereichen, wenn wir zum Beispiel an den Modebereich denken, kann ich mir eine bessere, wenn auch immer noch äußerst geringe Wirkung vorstellen. Hier muss man sehen, dass die Influencer nur einen kleinen Teil aller Informationen beisteuern. Man kann sich natürlich über sie inspirieren lassen, aber der persönliche Austausch zum Beispiel auf Messen ist immer noch entscheidend. Ähnlich bedeutend ist der Einsatz von Marktforschung. Wenn dagegen ein Influencer in New York ein tolles Bild postet, geht das einfach unter. Ich sehe hier so gut wie keine Wirkung.

 

Carsten Riemann

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Robert Levenhagen: Auch ein Einkäufer eines Handelsunternehmens bezieht doch heute seine Informationen nicht nur aus den Fachmagazinen oder von Messen. Auch diese Leute informieren sich immer stärker online und dann nutzen sie Influencer. Zugegeben ist ihr Einfluss vergleichsweise geringer als im B2C-Markt. Wenn aber die Zielgruppe im B2B-Bereich größer wird, Mode ist ein solches Beispiel, wächst damit auch die Bedeutung der Influencer. Auch wenn ihr Gewicht hier noch weniger groß ist, wird sich dies ändern. Einkäufer und andere Entscheider informieren sich mehr und mehr online.

Bleiben wir bei Produktkategorien wie Mode, Beauty und dergleichen, aber wechseln wir in den B2C-Bereich. Hier geht, was das Thema Influencer Marketing angeht, massiv die Post ab, oder?

Levenhagen: Man muss natürlich auf der einen Seite feststellen, dass der Markt noch sehr jung damit noch sehr dynamisch ist. Jeder kann sich heute Influencer nennen und Phantasiepreise aufrufen. Gleiches gilt für die Anbieter von Agenturleistungen. Deswegen muss man sich die passenden gut aussuchen und darf hier keine ‚Litfasssäulen’ nutzen. Geht man aber so vor, steht fest: Gerade wenn ein Markt durch viele Botschaften und viele Kanäle gekennzeichnet ist, wenn meine Zielgruppe jung ist und wenn ich sie primär digital erreichen kann, dann ist Influencer Marketing sicherlich das effizienteste Werkzeug, was man aktuell findet. Wenn ich beispielsweise Mädchen zwischen 16 und 20 Jahren erreichen möchte, kann ich davon ausgehen, dass einzelne Influencer eine größere Reichweite und deutlich höhere Wirkung haben als gestandene Medienunternehmen.

Riemann: In den genannten B2C-Märkten ist sicherlich die Wirkung von Influencern größer. Aber auch hier gilt, dass es noch andere Medien gibt, die auch die Endkunden erreichen und von diesen genutzt werden. Betrachtet man Influencer, so sind diese nur ein Touchpoint von vielen. Wir müssen zwischen Behauptungen und messbaren Fakten unterscheiden. Im TV und im Print kann ich die Wirkung meiner Kommunikation im Hinblick auf die Abverkäufe und auch auf die Marke gut messen und nachvollziehen. Auch online kann ich sagen, wenn ich die Werbemittel verpixele, was die Ausspielung erreicht hat. Bei einem Influencern kann ich zum Beispiel nicht überprüfen, wie viele Personen die Einblendung innerhalb des Videos wirklich gesehen haben und wie lang und prominent, wie viele haben vorher abgebrochen. Wenn ich dies für eine spezielle Zielgruppe wissen möchte, ist dies noch viel weniger gut zu benennen. Bei Bannern kenne ich die Customer-Journey genau, im Influencer-Bereich kann ich darüber kaum etwas aussagen. Denke ich in Kategorien wie Abverkäufen, wird dies noch schwieriger.

Die eine Schwierigkeit ist, den richtigen Influencer zu finden. Dann muss er aber auch die richtige Botschaft kommunizieren. Geht das bei Influencern überhaupt?

Riemann: Das Problem besteht doch darin, dass es um granulare Inhalte geht, die ein Influencer kommunizieren soll. Beispiele gefällig? In welchem kommunikativen Kontext möchte die Marke präsentiert werden? Welcher USP soll in den Fokus? Welche Tonalität ist gewünscht? Geschieht dies nicht, laufe ich Gefahr, dass meine Botschaft nicht richtig kommuniziert wird. Genau dies zu erreichen, ist aber nicht einfach, da der Markt teilweise unprofessionell agiert. Zum Beispiel existieren keine ausreichenden Feedback- und Freigabeschleifen, die Kommunikationswege zu den Influencern sind meist zu lang, die Networks und Managements versuchen den Direktkontakt oft zu verhindern. Wir haben Kampagnen erlebt, wo nicht auf eine Marke, sondern auf die Kategorie eingezahlt wurde, weil diese kleinen aber wichtigen Informationen nicht richtig übermittelt wurden.

 

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Levenhagen: Das Problem der fehlenden Feedback-Schleifen sehe ich hier nicht. Es ist zwar keine Frage, dass dies bei einigen Kampagnen immer wieder negativ auffällt. Dies liegt aber nicht an der Fehlerhaftigkeit des Instrumentes. Die Probleme liegen bei den Menschen, die genau hier zu wenig Erfahrung gesammelt haben. Ähnliches gilt für die mangelnde Nähe zu Influencern. Wenn genau dieser Eindruck entsteht, muss man über alternative Wege der Auswahl nachdenken. Vielleicht nutzt man dann kein Multi-Channel-Network, sondern spricht die Leute direkt an.

Riemann: Man kann doch feststellen, dass es sich um einen Markt mit Goldgräberstimmung handelt, mit entsprechender Intransparenz und fehlendem Qualitätsbewusstsein; jeder möchte die schnelle Mark mitnehmen. Genau dies verunsichert natürlich viele Entscheider. Außerdem muss man genau schauen, dass es einen Fit zwischen Marke und Influencern gibt. In den klassischen Werbeformen achtet man darauf, bei den Influencern geschieht dies nur sehr bedingt.

Influencer Marketing: Wie sieht der Fit zwischen Marke und Influencer aus?

Levenhagen: Keine Frage, dass jeder, der eine gute Sales-Präsentation schreiben kann, hier die Chance auf eine tolle Geschichte wittert. Jedem Unternehmenskunden kann man nur raten, auf objektiven und transparenten Fakten zu bestehen. In dieser Phase des Goldgrabens liegen aber auch große Chancen. Genau die nutzen einige Unternehmen erfolgreich. Die junge Uhrenmarke Kapten & Son zum Beispiel, die fast ausschließlich auf Instagram gesetzt hat, baute sich so innerhalb kurzer Zeit ein internationales Business auf.

Bisher haben wir darüber gesprochen, wie man junge Zielgruppen mit einem Alter um die 20 Jahren erreicht. Wie ist die Situation bei den Menschen, die zehn Jahre oder mehr älter sind?

Levenhagen: Hier nimmt die Nutzung von Social Media sicherlich ab. Eine 30-Jährige schaut nicht mehr jeden morgen nach, wie Bibi ihren Tag beginnt. Eine solche Person nutzt Youtube zum Beispiel eher als Recherchetool, um herauszufinden, wie man eine Waschmaschine repariert. Auch hier wirkt Social-Media, aber die Art der Nutzung ist eben eine andere.

Riemann: Genaues hinsehen ist auch hier wichtig, neben anderen Online-Instrumenten steigt in den älteren Zielgruppen auch die Relevanz klassischer Medien. Man muss auch überlegen, ob man die Mediennutzungszeit mit Werbung verbinden kann; dies ist nicht immer möglich. Viele Leute sind aktive Whatsapp-Fans, aber diese dann werblich zu erreichen, ist nicht einfach.

Wird das Thema Influencer Marketing im Moment überstrapaziert?

Riemann: Was die Budgets angeht, kann man dies sicherlich nicht sagen. Diese bewegen sich noch in einem Stadium von Versuchsballons. Medial findet sicherlich gerade im Vergleich zu den Budgets ohne Frage eine Überbewertung statt.

Levenhagen: Das Ungleichgewicht zwischen Berichterstattung und Budgets sehe ich auch. Dies ist aber auch gut so: Nur wenn über ein Thema viel geschrieben wird, informiert man sich auch darüber.

Dieser Beitrag ist auch bei acquisa erschienen-This content is only available in German.