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Peter Schmidt Copyright Wöhrl

Mode ist mit ihren Marken einer der Wachstumstreiber im Onlinehandel. Aber die Sättigungsgrenze sei bald erreicht, meint Peter Schmidt, Leiter Corporate Development und Multichannel beim Filialisten Wöhrl. Der stationäre Handel könne hier punkten: mit Beratung, mit Ausprobieren. Curated Shopping, der neue Trend im Onlinehandel, sei im Grunde der Kern des stationären Modehandels.

Die traditionellen Unternehmen sind mit ihren Markem unterschiedlich stark von der Digitalisierung betroffen. Während man Bücher schon länger online bestellt, ist dies bei Lebensmitteln eher noch die Ausnahme. Beim Kauf von Bekleidung hat man zwar im digitalen Weg schon Erfahrungen gesammelt, aber auch hier wird sich das Wachstum fortsetzen. Die Unternehmen, die sich als digitale Pureplayer verstehen, sehen hier naturgemäß mehr Luft nach oben. Die traditionellen Anbieter, die also primär über den stationären Handel verkaufen, sehen die Grenzen früher erreicht.

Online-Anteil am Modemarkt bei circa 40 Prozent

Über die Entwicklung sowohl des stationären als auch des digitalen Handels mit Textilien habe ich mit Peter Schmidt gesprochen. Er leitet beim Nürnberger Modehändler Wöhrl den Bereich Corporate Development und Multichannel. Er sagt dazu: „Zunächst einmal sind wir auch der Meinung, dass der Umsatz- und der Marktanteil von Textilien im Online-Handel weiter steigen wird. Doch das massive Wachstum der Vergangenheit wird sich abschwächen. Dies belegen zahlreiche Studien und Untersuchungen, die mittelfristig den Online-Versand von Textilien bei einem Marktanteil von circa 40 Prozent sehen.“

Da stellt sich natürlich die Frage, warum über den stationären Handel mehr Textilien verkauft werden? „Die Experten sind sich darin einig, dass die Digitalisierung des Alltags und der Arbeitswelt weiter zunehmen wird. Doch je weiter diese Entwicklung voranschreitet, desto stärker suchen die Menschen wieder das reale Erlebnis. Und genau hier liegt unser Vorteil als stationärer Handel. Wir können ihnen das mit einer aufregenden und inspirierenden Warenpräsentation bieten und mit unserem umfangreichen Service und Beratung sowie der einladenden Atmosphäre unserer Häuser punkten. Dies kann der reine und herkömmliche Onlinehandel eben nicht.“

Online-Shops haben ein Problem: die hohe Retourenquote

Bleiben wir noch kurz bei den Unterschieden von stationärem Handel und dem Online-Bereich, speziell wenn es um das Thema Mode mit seinen Marken geht. Die breite und auch die tiefe Auswahl, die den Online-Bereich auszeichnet, wurde schon vielfach diskutiert. Als Vorteil werden auch immer wieder die Kosten angeführt. Diese seien im Onlinehandel geringer, da man eben kein Geld für Gebäude und Personal bereithalten muss. Peter Schmidt kommentiert das so: „Im Textilbereich haben Sie es, etwa im Vergleich zu den Lebensmitteln, mit vielen Retouren zu tun. Das Handling der Logistik, aber auch der Aufbau und der Betrieb des Online-Shops sind somit durchaus mit den Kosten eines stationären Händlers vergleichbar. Von daher sehe ich den Kostenfaktor nicht als entscheidendes Kriterium.

„Wir halten unser regional individualisiertes Angebot für eine entscheidende Diffenrenzierung – sowohl gegenüber dem Onlinehandel als auch Standard-Modeketten.“

Wir als Filialist haben den Vorteil, dass wir unser Sortiment auf die lokalen Bedürfnisse unserer Kunden ausrichten und anpassen können. Wir halten das individualisierte Angebot für wichtig und für eine entscheidende Differenzierung. Nicht nur gegenüber anderen großen Textilketten mit standardisiertem Programm, sondern besonders auch gegenüber den Online-Händlern. Last but not least können wir durch die persönliche Beratung unseres kompetenten Fachpersonals einen Service bieten, den ein reiner Pureplayer in der Form nicht leisten kann. Denn wir haben die Möglichkeit direkt vor Ort neben der Typ- und Stylingberatung auch direkt die Passformen und Größen zu überprüfen und gegebenenfalls für adäquaten Ersatz zu sorgen.“

Online braucht mehr Service

Daraus ergibt sich natürlich die Frage, wie sich sowohl der Online-Handel als auch der stationäre zukünftig entwickeln werden. Damit meine ich nicht die oben schon angesprochenen quantitativen Veränderungen, sondern eher die qualitativen. Muss der digitale Bereich zum Beispiel mehr Service bieten? Dazu nochmals Peter Schmidt: „Dieser Meinung sind wir. Es wird in Zukunft nicht mehr ausreichen, nur möglichst viele und günstige Produkte zu verkaufen. Dafür wird der Service eine immer größere Bedeutung erhalten. Beleg hierfür sind die zunehmenden Curated-Shopping Angebote mit ihren Marken, die gerade bei digitalen Pure-Playern immer stärker in den Fokus rücken.“ Damit werden via Online-Stilberatung Outfits zusammengestellt, die den persönlichen Stil treffen. „Diesem Anspruch werden wir dank unserer jahrzehntelangen stationären Erfahrung und unserm engen, persönlichen Kundenkontakt mehr als gerecht. Unsere Kompetenz, die wir bereits seit über 80 Jahren stationär unter Beweis stellen, haben wir nun kürzlich um einen digitalen Service erweitert und ein entsprechendes Curated-Shopping Angebot gelauncht. Auch wenn der Fokus unseres Unternehmens weiter auf dem stationären Handel liegt, so werden wir unsere Services stetig erweitern und unser digitales Angebot weiterentwickeln, um damit unser stationäres Kerngeschäft zu ergänzen.“

Was online von offline lernen kann

Diese Serie soll ja auch helfen, zu verstehen, was die traditionellen Unternehmen von den digitalen lernen können. Natürlich gilt dies auch in die andere Richtung. Genau dies wollte ich von Peter Schmidt wissen. Er sagt dazu: „Fangen wir damit an, was wir sehr gut können. Eine unserer Kernkompetenzen war schon immer das Thema Service. Und als sympathischer, nahbarer Händler wissen wir auch sehr genau, was man seinen Mitarbeitern bieten sollte, um sie zu motivieren. Dass uns dies gelingt, bescheinigt uns die mehrfache Auszeichnung als Top Arbeitgeber und die langjährige Betriebszugehörigkeit unserer Mitarbeiter. Das müssen uns die Onlinehändler erst einmal nachmachen.

Im Gegenzug haben es gerade die Start-ups mit ihren Marken gut verstanden, wie man Geschäftsprozesse digitalisiert. Durch ihre meist schlanken Strukturen sind sie in ihrer Entscheidungsfindung auch häufig schneller als große Unternehmen. Hier haben wir sicher noch Optimierungspotenzial. Aber bei unseren regelmäßigen Gesprächen mit unterschiedlichen Start-ups stelle ich fest, dass der Austausch untereinander auf Augenhöhe stattfindet. So hat sicher jeder – ob Online- oder Stationärhändler – seine Berechtigung, auch wenn ich nach wie vor an unsere Stärke als Filialist glaube.“

Dieser Beirag ist auch bei acquisa erschienen.This content is only available in German.