Ist noch vor einigen Jahren der Ansatz der Spezialagenturen auf den Markt gedrungen, entstehen nun wieder vermehrt „Alleskönner“. Aber welcher Ansatz eignet sich in Zeiten der Digitalisierung wirklich? Heiko Burrack, Gründer und Inhaber der New Business Advice, kommentiert diese Fragestellung.
Noch vor einigen Jahren wurde der Ansatz der integrierten Kommunikation massiv in Frage gestellt. Thomas Strerath, seinerzeit noch CEO bei Ogilvy hat sich bespielweise darüber intensiv in der Kundenzeitschrift „How to“ ausgelassen. In Folge dieser gesamten Diskussion haben sich immer mehr Agenturen spezialisiert. Ein wichtiger Grund lag auf der Hand: Auch wenn wir uns seinerzeit erst am Beginn der Digitalisierung befunden haben und das exponentielle Wachstum der Touchpoints erst in den Anfängen zu beobachten war, schon vor zehn Jahren konnte keine Agentur mehr alle Leistungen überblicken. Daher lag es nahe, seine Kernkompetenzen zu definieren.
Von vielen Agenturkunden wurde dieser Weg begrüßt. „Ich finde es schwierig, wenn mir eine Agentur einen Bauchladen an Leistungen vorstellt. Ich möchte wissen, was sie so richtig gut können, was also ihre wirkliche Paradedisziplin ist. Immer mehr Agenturen gehen diesen Weg und spezialisieren sich, aber viele haben noch eine gehörige Strecke vor sich.“ Das sagte mir der seinerzeitige Marketingleiter eines großen Roboterherstellers.
Warum gibt es wieder mehr Alleskönner?
Gerade vor diesem Hintergrund ist die Entwicklung erstaunlich, dass jüngst immer mehr Agenturen von sich behaupten, alles zu können. Wie ist diese Entwicklung zu erklären, wo sich doch er Kommunikationsmarkt in allen Bereichen weiter stark fragmentiert hat? Hinzukommt, dass die Bedeutung gerade der Technik immer weiter zugenommen hat. Das notwendige Know-how ist also auch hier gestiegen. Warum gibt es also wieder mehr Alleskönner? Der Druck auf die Agenturen ist trotz der guten Konjunktur gestiegen: Die Macht des Einkaufs hat zu- und vertragliche Bindungen zwischen Kunden und Agentur haben abgenommen. Statt langfristiger Zusammenarbeit wird immer mehr auf einer Projektbasis zusammen gearbeitet. Die Planungssicherheit der Agenturen hat daher abgenommen. Neben anderen Gründen ist generell die Transparenz gerade der Kosten gestiegen. Hinzukommt, dass das Feld der Agenturen von anderen Unternehmen, die sich bis vor kurzem noch außerhalb des Agenturkosmos bewegt haben, bedroht wird. Unternehmensberatungen sind neben digitalen Geschäftsmodellen beispielhaft zu nennen.
Kein Kunde glaubt einer kleinen Agentur, dass sie alles kann
Ist es daher für das New Business gut, sich breiter aufzustellen? Wenn der Kuchen kleiner wird, ist der Reflex verständlich, mehr vom Rest haben zu wollen. Aber ich bin immer noch der Überzeugung, dass es der beste Weg ist, klare Kernkompetenzen zu definieren. Kunden nehmen gerade kleineren Agentur nicht mehr ab, dass sie das technische Know-how in voller Breite und Tiefe beherrschen und hier immer aktuell sind. Und noch ein weiterer Aspekt: Hat eine Agentur in der Vergangenheit einen weiteren Leistungsbaustein zu ihrem Portfolio hinzugenommen, so wurde eben dies zum Beispiel auf der Webseite durch ein weiteres Kästchen dokumentiert und angepriesen. Genau dieser Weg wird aber von Kunden immer weniger verstanden, da Agenturen heute der komplexen Welt der Kommunikation so nicht mehr gerecht werden.
Für erfolgreiches New Business gilt: Definiere Deine Paradedisziplin
Was tun? Was daraus folgt, ist nicht neu, aber nach meiner festen Überzeugung immer noch richtig: Definiere, was Du wirklich gut kannst und baue das dortige Wissen weiter aus. Es gibt einige herausragende Beispiele von Agenturen, die genauso vorgegangen sind. Diese Dienstleister können aufgrund ihres Wissens mit Kunden auf einer wirklich partnerschaftlichen Basis zusammen arbeiten; also genau das, was sich jede Agentur wünscht. Je fragmentierter der Markt ist, desto erfolgreicher ist dieser Weg der Spezialisierung.
Dieser Beitrag ist auch bei marconomy erschienen.