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Das Messen der Werbewirkung auf Marken ist heikel, auch – oder gerade – in Zeiten der allgegenwärtigen Datenflut. Denn es geht dabei auch um Budgets und Kosten. Und es wird schnell kompliziert.

Es ist heute allgemeiner Konsens, dass man als werbendes Unternehmen herausfinden will, was die Ausgaben gebracht haben. Dies gilt für die klassische Kommunikation genauso wie für die PR und das Content Marketing. Über die Kennziffern und deren Qualität habe ich mit Matthias Rosenthal gesprochen, der Geschäftsführer der Mülheimer PR-Agentur Koob ist. Der zweite Teilnehmer der Diskussion war Dirk Engel, der Unternehmen hilft, sowohl Kunden als auch Medien besser zu verstehen.
Als erstes hat mich interessiert, wie man die Wirkungsforschung auf Marken im klassischen Bereich mit der für den PR-Bereich und dem Content Marketing vergleichen kann? 

Matthias Rosenthal: Zuerst muss man doch feststellen, dass die Erforschung der Werbewirkung im klassischen Bereich eine viel längere Historie hat, als man dies aus den PR oder gar dem Content Marketing kennt. Man hatte lange Zeit, um sich auf Kennwerte zu einigen. Die Bedeutung dieser Indikatoren steht und fällt allerdings mit den Annahmen, die ihnen zugrunde liegen. Kennzahlen aus dem PR-Bereich haben daher keinen geringeren Wert als die der Klassik.

Ein Beispiel: Die Mediaagentur errechnet die Reichweite einer Anzeigenkampagne, die Marktforschung ermittelt qualitative Indikatoren, zum Beispiel wie die Kampagne für Marken vom Zielpublikum erinnert und bewertet wird. Dies sagt aber noch nicht viel über die gewünschte monetäre Werbewirkung aus. Der Einfluss darauf beruht auf einer Annahme. Steigt der Absatz eines beworbenen Produkts im Zuge einer Anzeigenkampagne, so wird eine Werbung mit positiven Leistungs- und Wirkungsindikatoren dafür als Ursache angenommen. Man schließt von den ermittelten Indikatoren auf den wirtschaftlichen Erfolg. Dieser Erfolg kann aber auch ganz andere Ursachen haben. Wir haben also eine Erklärungslücke, die mit Annahmen oder Plausibilitäten geschlossen wird.

Dirk Engel: Reichweite und Kontakt-Frequenz für Marken sind keine Wirkungsindikatoren. In der Vergangenheit gab es allerdings eine hohe Korrelation zwischen Medialeistung und Wirkung. Heute muss das nachgewiesen und Reichweite und Wirkungsindikatoren in Beziehung gesetzt werden – etwa psychische Wirkungen wie die Markenerinnerung oder Image-Veränderungen. Eine weitere KPI-Klasse stellt auf das – meist online dokumentierte – Verhalten ab: Besuche auf der Website, Klicks, Likes et cetera. Last but not least kann man ökonomische Indikatoren nennen: Umsatz, Marktanteil oder Anzahl der Neukunden. Die Indikatoren stehen für unterschiedliche Aspekte des Wirkungsprozesses, ein KPI alleine wird nie ausreichen.

Werbewirkungsmessung: Welches Instrument trägt welchen Teil zum Erfolg bei

Rosenthal: Genau diese Indikatoren finden Sie unter anderen Bezeichnungen auch im PR-Bereich und beim Content Marketing. Die Differenzierung, welches Instrument, welchen Teil zum Erfolg beiträgt, ist aber hier mit viel mehr Aufwand verbunden. So ist der PR inhärent, dass sie eher langfristig und unterschwellig wirkt, was die Ermittlung von Wirkungszusammenhängen deutlich verkompliziert.

Engel: Richtig, PR ist – anders als Werbung oder Verkaufsförderung – ein indirektes Instrument, das über Journalisten gespielt wird und daher kaum kurzfristig wirkt. Langfristige Wirkungen sind schwerer abzubilden. Man kann aber den Eindruck gewinnen, dass es Kunden und Agenturen oft am Willen für eine umfassende Analyse fehlt. Selbst wenn Werbeerfolgskontrollen durchgeführt werden, berücksichtigt man die PR leider nur selten. Hier herrscht noch ein typisches Denken in Silos. In der Klassik wird mehr geforscht, weil hier mehr Geld im Spiel ist und der Nachweis des Erfolgs dringlicher ist.

Rosenthal: Wir sind auch der Meinung, dass man die Wirkung von PR gut erforschen kann. Doch mangelt es häufig an einem eigenen Forschungsbudget. Deswegen gibt man sich mit plausiblen Wirkungszusammenhängen zufrieden. Es gab vor einigen Jahren eine breite Aufbruchsstimmung in der PR-Evaluation. Die Konzepte können sich heute noch sehen lassen, ihre Anwendung in der Praxis leider meist nicht. Dies hat viel mit den Budgetgrößen in der PR zu tun. Wirklich effizient ist es auch nicht, eine Forschung aufzusetzen, die am Ende teurer ist als die Maßnahmen selber. Wir bieten die Evaluation des Erfolges an, aber sie wird nur selten gekauft. Man begnügt sich meist mit der Ermittlung von Leistungsindikatoren.

Wenn es allgemeiner Konsens ist, dass auch gerade Kunden wissen wollen, was ihre Kommunikation gebracht hat, sollte dann nicht wenigstens in mehr Unternehmen die wichtigsten PR-Projekte gemessen werden?

Rosenthal: Den Konsens gibt es natürlich. Man muss aber immer auch sehen, wie effizient ein solches Vorgehen ist. Genau dies ist nicht immer gegeben.

Engel: Gute Berater in Agenturen empfehlen selbstverständlich eine Wirkungskontrolle. Bestenfalls forschen große Kunden im PR-Bereich. Die Ergebnisse müssen am Ende einem Vorstand oder der Geschäftsführung mundgerecht präsentiert werden. Keine leichte Aufgabe, da die Resultate oft kompliziert sind. Man verzichtet daher lieber gelegentlich auf eine Kontrolle, um nicht die Budgets zu gefährden.

Reden wir noch über die Wirkung von neuen Instrumenten wie zum Beispiel beim Content Marketing. Was kann man da zur Wirkung sagen, welche Studien liegen hier vor?

Engel: Meines Wissens gibt es hier kaum Studien. Man verspricht viel, liefert aber nur ungenügend Belege. Ein erster vernünftiger Schritt wäre eine gemeinsame Definition von Content Marketing. Man hat den Eindruck, dass dieses Label mittlerweile an jeder Art von Marketing-Kommunikation hängt. Liegt eine einheitliche Begrifflichkeit vor, so muss man dann über die Ziele sprechen. Nur dann kann man sich eine sinnvolle Strategie mit guten Ableitungen überlegen.

Rosenthal: Sicherlich gibt es noch verschiedene Definitionen von Content Marketing. Manchmal hat man den Eindruck, die verwendete Definition richtet sich nach der jeweiligen Interessenlage der Kommunikationsabteilung oder des Dienstleisters. Die Wirkung auf Marken zu messen, ist aber auch deswegen so schwer, weil es viele Instrumente gibt, die auf verschiedenen Kanälen vernetzt ausgespielt werden. Außerdem ist nicht immer exakt nachvollziehbar, wie die Customer Journey verläuft. Man weiß nicht, wo der Käufer sich informiert und was er davon wahrgenommen hat. Dies ist ein Problem der Wirkungsmessung im Content Marketing. Anders schaut es bei der isolierten Messung von Onlineaktivitäten für Marken aus. Hier sind wir dem Ideal der Ermittlung kausaler Wirkungsketten in bestimmten Bereichen schon sehr nah.

Was ist denn das Entscheidende am Content Marketing?

Engel: Wichtig ist aus meiner Sicht, dass der Content nicht von Unternehmen oder der Marke determiniert wird. Die Perspektive muss radikal die der Zielgruppe sein. Man entfernt sich damit von der klassischen PR, die eher aus Unternehmenssicht berichtet, und nähert sich redaktionellen Medienanbietern an.

Rosenthal: Nur von der Zielgruppe auszugehen, finde ich nicht sinnvoll, da jedes Unternehmen berechtigte eigene Interessen für seine Marken hat, die es erst zu einer aktiven Kommunikation motivieren. Wir müssen also immer eine Schnittmenge aus Unternehmens- und Zielgruppeninteressen finden. Dann haben wir den wirksamen Content definiert.

Dieser Beitrag ist auch bei acquisa erschienen.

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