+49 (0)761 48980735 heiko@burrack.de
Marketingeinkauf ist mehr als Toilettenpapier

Copyright: Pixabay

Die Beschaffung von Marketingleistungen ist eine der letzten Bastionen (gewesen), wo nur eine Person sowohl den fachlichen als auch den kaufmännischen Bereich verantwortet hat. Nun nimmt der Marketingeinkauf das Heft des Handelns in die Hand.

»Im Rahmen eines Auswahlverfahrens haben wir uns dem Einkauf vorgestellt«, so erzählte mir letztens der Geschäftsführer einer Agentur. »Nach kurzer Zeit stellte sich heraus, dass der Einkäufer bis vor kurzem noch gut vergleichbare Produkte beschafft hat. Uns hat er überhaupt nicht verstanden, weil unsere Leistungen nicht standardisiert, sondern qualitativ sind.« Häufig hört man von Agenturleuten solche Klagen. Grundsätzlich muss man feststellen, dass die Beschaffung von Marketingleistungen eine der letzen Bastionen (gewesen) ist, wo nur eine Person sowohl den fachlichen als auch den kaufmännische Bereich verantwortet (hat). Bei vielen anderen Themen war diese Trennung schon lange üblich. Sicherlich gibt es noch einige Ausnahmen, wie dies mitunter noch bei der Rechts- und Steuerberatung üblich ist. Aber auch hier haben die großen Unternehmen begonnen, eine Teilung einzuführen. Sie waren auch der Vorreiter, als bei der Beschaffung der Marketingleistungen der Einkauf die Arena betrat.

Partnerschaften aufbauen.

Schwierig wird die Situation allerdings, wenn das Procurement versucht, seine bei Schrauben und Toilettenpapier gelernte Vorgehensweise auch bei Agenturen anzuwenden. So kommt man nicht zu guten Ergebnissen, da Agenturleistungen eben nicht identische Leistungen sind. Hinzu kommt: Kunde und Agentur müssen partnerschaftlich zusammenarbeiten. Wahr ist aber auch, dass mit dem Einkauf die Fragen, was Agenturleistungen kosten und welchen Wert sie haben, stärker in den Fokus rückten. Dass dieslange Zeit nicht wirklich interessierte, zeigt sich nicht zuletzt in der langen Zusammenarbeit zwischen manchen Agenturen und Kunden. Da gab es eine menschlich gute Beziehung, nur: Der Marketingleiter kannte die Kostengar nicht und konnte oder wollte die seines Partners gar nicht mit anderen vergleichen. »Dieselbe Broschüre bitte nochmals, nur gib mir jetzt ein wenig Rabatt« – so funktionierte lange Zeit das eingespielte Team von Agenturchef und Marketingleiter. Diesem Miteinander hat der Einkauf ein Ende gesetzt, indem er vom Marketingchef wissen wollte, warum man denn ausgerechnet mit diesem Dienstleister zusammenarbeitet. Schließlich gibt es noch andere, die vergleichbare Leistungen  anbieten und dies kostengünstiger können.

Die richtigen Fragen stellen

Der Marketingeinkauf nervte das Marketing also mit den richtigen Fragen: Was kostet eine Leistung aus dem Bereich Marketing überhaupt? Aus welchen Teilbereichen setzt sie sich zusammen und wie hoch ist der Zeitaufwand? Welche anderen Agenturen können dies genauso gut oder besser? Das Marketing hatte meist eine Ahnung, der Einkauf hat hier Wissen geschaffen und dieses systematisiert. Weder für Agenturen noch für das Marketing war die neue Rolle des Einkaufsimmer angenehm. Das Procurement hat sicherlich einige Zeit gebraucht, um die Regeln der Agenturenzu verstehen. Geholfen hat hier, dass immer mehr Personen von Agenturseite in den Einkauf gewechselt sind. So wurde gerade in den großen Unternehmen das entsprechende Know-how aufgebaut. Schwieriger wird dies, wenn mittelständische Unternehmen versuchen, den Einkauf als Entscheider für Marketingaufgaben einzubinden. Hier hat man schlicht nicht genügend Aufgaben, um damit eine Person vollständig auszulasten. Aus Kapazitätsgründen kann man niemanden mit Agenturerfahrung anheuern. Häufig wird dann der Kollege mit der Aufgabe betraut, der gerade über die zeitlichen Ressourcen verfügt. Man merkt schon: Ideale Lösungen sehen anders aus. Bei aller Sinnhaftigkeit, die sich durch das Engagement des Marketingeinkaufs ergibt schlägt das Pendel manchmal auch zu weit aus. Solche Fälle findet man, wenn Marketing und Einkauf nicht gleichberechtigt zusammenarbeiten. Die letzte
Entscheidung für die Dienstleisterauswahl fällt dann im Einkauf. Dies kann natürlich bei allen Einsparungsbemühungen nicht das Ziel sein. Schließlich muss der Marketingeinkauf nicht täglich mit der Agentur zusammenarbeiten. Am Ende des Tages muss der Einkauf über die kaufmännischen Inhalte entscheiden. Er darf und kann nicht die bessere Marketingabteilung sein. Allein im Marketing können die fachlichen Entscheidungen getroffen werden. Nur wenn man partnerschaftlich zusammenarbeitet,
entsteht das beste Ergebnis. Über den stärkeren Einfluss des Marketingeinkaufs aber auch durch die größere Transparenz der digitalen Medien, sind die Anforderungen an Agenturen und deren Kunden gestiegen, einen Wirkungsnachweis der kommunikativenAktivitäten zu erbringen. Bevor der Einkauf auf die Bühne des Marketinggeschehens trat, hat man sich vielfach mit bunten Bildern als Ergebnis der gemeinsamen Arbeit von Marketing und Agentur zufrieden gegeben. Durch das Internet kann man nun stärker eine Wirkung der eingesetzten Mittel aufzeiden gen. Der Einkauf hat mit Recht darauf
gedrungen, auch die Resultate bei allen anderen Maßnahmen im Hinblick auf deren Wirkung darzustellen. In einigen Bereichen ist dies immer noch mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden: Wenn zum Beispiel bestimmte Imagekomponenten eines Produktes oder eines Unternehmens durch eine entsprechende Werbung verändert werden sollen, kann man ein Ergebnis nicht kurzfristig erwarten. Außerdem ist es zwingend notwendig, dass man das Image kontinuierlich, mindestens aber vor und nach der kommunikativenMaßnahme misst. Leider werden dieentsprechenden Kosten gerade von mittelständischen Unternehmen immer noch gescheut.

Der Marketingeinkauf setzt die Signale

Durch den Marketingeinkauf werden auch weitere Bezahlmodelle von Agenturen genutzt. Das heißt: Dem Dienstleister wird ein Bonus in Aussicht gestellt, wenn bestimmte Ziele erreicht werden. Dies funktioniert im Bereich des digitalen Marketing sehr gut. Da man hier transparent die Wirkung nachvollziehen kann, ist Perfomance-Marketing so wichtig geworden. Eine Übertragung dieser Mechaniken findet man auch auf den ehemals analogen Bereich: Auch hier gibt es gerade im Bereich des PoSMarketing  Modelle und Dienstleister, die genau so funktionieren. Die Frage sei allerdings gestattet, ob man jedes Modell, auf Betreiben des Einkaufs, maximal ausreizen muss: Auch wenn man noch einen Euro extra durch Retargeting verdienen kann, passt dieses Verfolgen von Interessenten nicht zu jeder Marke und schadet ihr im Zweifelsfall. Außerdem haben viele Agenturen,
wenn sie vom Marketingeinkauf auf eine Bonusvergütungangesprochen werden, den Eindruck, dass man eigentlich nur Geld sparen möchte. Die Rolle und Funktion des Einkaufs sind in vielen Unternehmen etabliert, und auch die Agenturen haben sich darauf eingestellt. Irritationen treten meist dann auf, wenn aus Agentursicht exotische Instrumente eingesetzt weraufzeiden.
Dazu gehören sicherlich die unterschiedlichen Auktionsformen. Diese sind für jene Agenturen schwierig, die ihre genaue Kostenstruktur nicht kennen. Wenn sie also nicht wissen, welcher Kunde welche anderen subventioniert. Dass dies passiert, ist erst einmal gar nicht problematisch. Schwierig ist nur das Nichtwissen. Erstaunlicherweise findet man dies primär bei inhabergeführten Agenturen oft. Aber auch wenn man dies weiß, gibt es Auktionsformen, die grenzwertig sind. Etwa, wenn sie aus mehreren Runden bestehen und zum Beispiel nur die günstigsten fünf Dienstleister weiterkommen. Wenn die Transparenz, also genau das, was der Einkauf zu erreichen versucht, nicht mehr gegeben ist, sollte man als Agentur aussteigen. Denn der
Einkauf sollte schon dieselben Regeln beachten, die er anderen auferlegt.This content is only availabe in German.