Immer wieder hört man von einer unbefriedigenden Zusammenarbeit zwischen Marketing und dem Marketingeinkauf. Warum diese Kooperation aber so wichtig ist, erklärt Tim von der Decken von Efficio im Interview.
Es ist keine Frage, dass der Einkauf, gerade wenn es um die Marketing- und Agenturleistungen geht, in den letzten Jahren massiv an Bedeutung gewonnen hat. Grund genug für Heiko Burrack, mit einem Beratungsunternehmen zu sprechen, das seine Kernkompetenz in der Stärkung des Einkaufs sieht.
Wie es um das Verhältnis von Marketing und Einkauf steht und wie die Zusammenarbeit der beiden Fachabteilungen aussehen kann, hat Heiko Burrack im Interview mit Tim von der Decken, der bei Efficio in Düsseldorf als Vice President arbeitet, herausgefunden. Das und wie von der Decken in Sachen Pitch denkt, lesen Sie in folgendem Interview:
Heiko Burrack: Starten wir mit der grundlegenden Frage: Was ist überhaupt die Rolle des Marketingeinkauf, und wie sehen Sie das Verhältnis zur Fachabteilung?
Tim von der Decken: Die Kernkompetenz der Marketing-Fachabteilung besteht sicherlich darin, das kreative Potenzial einer Agentur zu beurteilen und zu heben. Der Einkauf hat wiederum eine starke Expertise, wenn die Kosten abgebildet, spezifiziert und verglichen werden sollen. Dabei sehen wir das Procurement aber immer als internen Dienstleister des Marketings. Es gibt bestimmte Rahmenbedingungen vor und stellt Tools zu Verfügung. Mit welcher Agentur das Marketing letztlich zusammenarbeiten möchte, bestimmt die Fachabteilung eigenständig. Das Verhältnis sollte natürlich partnerschaftlich sein. Dass der Einkauf die führende Rolle einnimmt, sehe ich nur bei wenigen Pitches; meistens kann davon keine Rede sein. Ein guter Marketingleiter lässt sich nicht den Agenturpartner vorschreiben.
Heiko Burrack: Stichwort Pitch – für Agenturen ist die Art des Auswahlprozesses von hoher Bedeutung. Hier wird auch immer wieder der Pitch kritisch gesehen. Dies gilt besonders dann, wenn dieser nicht honoriert wird. Welche Meinung haben Sie hierzu?
Tim von der Decken: Der Pitch ist immer noch das beste Instrument zur Agenturauswahl. Nur so kann man effektiv herausfinden, wie die Agentur arbeitet, wie kreativ und natürlich wie teuer sie ist. Wir sehen allerdings nicht, dass eine Agentur für eine Pitch-Teilnahme honoriert werden sollte. In keiner anderen Branche ist dies üblich. Warum sollte man Agenturen für ihren Vertrieb bezahlen? Auch dann wäre das Ergebnis kein besseres. Genau dies war die Erfahrung bei unserer Agentursuche, und es ist das Feedback vieler Projekte. Außerdem kann jede Agentur die Teilnahme an einem nicht honorierten Pitch ablehnen. Allerdings sollte die Anzahl der eingeladenen Agenturen auf maximal drei begrenzt sein. Nicht vergessen sollte man, dass das ausgelobte Budget ausreichend hoch ist. Nur dann sind die Agenturen motiviert, unter den genannten Bedingungen teilzunehmen.
Heiko Burrack: Agenturen beschweren sich auch darüber, dass zu viel gepitcht wird. Wie sehen Sie dies?
Tim von der Decken: Wir raten davon ab, auch kleinste Projekte durch den Marketingeinkauf zu pitchen. Auf Dauer vergrault man sich so Agenturen, die aus betriebswirtschaftlichen Gründen nicht mehr teilnehmen. Auch intern verursacht ein Pitch einen hohen Aufwand, da diesem eine mitunter intensive Suche vorausgeht. So muss man sich eingehend mit den Agenturen beschäftigen. Man fordert Unterlagen an, schaut auf die Referenzen und stellt zahlreiche Fragen. Dies kostet Ressourcen, die man am besten nur für die wichtigen Auswahlprozesse zur Verfügung stellt. Bei einem wirklich guten Pitch ist es eben nicht damit getan, 20 Agenturen nach ihrer Präsentation zu fragen.
Heiko Burrack: Warum findet man aber eine deutliche Zunahme der Pitches in den letzten Jahren?
Tim von der Decken: Ohne Zweifel hat die Anzahl der Pitches in den letzten Jahren zugenommen. Ein wichtiger Grund besteht in der höheren Integration des Einkaufs in die Entscheidungsprozesse. Dies gilt heute stärker für Konzerne, setzt sich aber auch bei mittelständischen Unternehmen vermehrt durch. Wir gehen zukünftig von einer noch steigenden Anzahl an Auswahlprozessen aus.
Heiko Burrack: Kommen wir nochmals auf die Rolle des Einkaufs zurück. Hier wird immer wieder behauptet, dass es ihm nur um die Kosteneinsparungen geht. Wie ist Ihre Meinung dazu?
Tim von der Decken: Wenn der Marketingeinkauf sein Know-how neu in eine Fachabteilung einbringt, stehen die Einsparungen sicherlich im Fokus. Je länger das Procurement hier aber tätig ist, desto wichtiger werden andere Kriterien. Die Zeiten sind daher lange vorbei, wo Einkäufer nur nach ihren Einsparungen bezahlt wurden. Bei den Marketingbudgets handelt es sich außerdem um fixe Beträge; deren Höhe steht selten zur Diskussion. Wichtig ist aber bei der Auswahl der Agentur ihre Honorierung und die Budgetverteilung. Der Marketngeinkauf soll genau bei diesen Fragen unterstützen.
Heiko Burrack: Immer wieder hört man von einer unbefriedigenden Zusammenarbeit zwischen Marketing und Einkauf. Wie sehen Sie diese Kooperation?
Tim von der Decken: Diese Probleme speziell zwischen Marketing und Einkauf gibt es sicherlich. Lange Jahre hat der Marketingleiter selbst beschafft. Diese Verantwortlichkeit musste er nun an Kollegen abgeben, die damit auch noch in anderen Bereichen erfolgreich waren. Dass so Unzufriedenheit aufkommt, kann ich gut verstehen. Um solche Verwerfungen zu verhindern, müssen Marketing und Einkauf von vornherein partnerschaftlich arbeiten. Dazu gehört auch, dass jeder um seine Kernkompetenz weiß und diese auch einbringt. Aber der Einkauf sollte auch die spezifischen Herausforderungen im Marketing kennen und diese berücksichtigen.
Heiko Burrack: Was sollte der Marketingeinkauf über seinen Markt wissen?
Tim von der Decken: Jeder Einkäufer sollte sich intensiv mit dem Markt beschäftigen und wissen, wie Agenturen funktionieren. Eine Zusammenarbeit mit dem Marketing kann nur dann klappen, wenn man sich in diesem speziellen Gebiet auskennt. Nur dann kann man mit den Kollegen gleichberechtigt sprechen. Deshalb ist es durchaus sinnvoll, dass Meetings mit dem Einkauf nicht nur im Unternehmen sondern auch bei den Agenturen stattfinden. So kann man besser verstehen, wer hier arbeitet und wie dies passiert. Gerade bei Unternehmen, wo ein Einkäufer aufgrund des geringen Marketingvolumens auch andere Leistungen beschafft, gibt es sicherlich einen Verbesserungsbedarf. Hier wissen die Kollegen häufig zu wenig.
Heiko Burrack: Hat man als Agentur einen Pitch gewonnen, erhält man gerade bei den großen Kunden oft nur einen Rahmenvertrag. Für jedes einzelne Projekt wird wieder gepitcht. Welche Meinung haben Sie dazu?
Tim von der Decken: Es ist die originäre Aufgabe des Einkaufs, einen permanenten Wettbewerbsdruck aufrechtzuerhalten. Genau dies erreicht das oben genannte Prozedere. Daher empfehlen wir es allen Kunden ab einer gewissen Größe. Die beteiligten Agenturen müssen nicht immer pitchen. Zwingend müssen sie aber ein Angebot abgeben. So kann man viel über die Auslastung der Dienstleister erfahren. Hier jeweils den günstigsten Preis zu ermitteln, ist eine wichtige Aufgabe des Einkaufs.
Vielen Dank für das interessante Gespräch, Herr von der Decken!
Dieser Beitrag ist auch bei Marconomy erschienen.This content is only available in German.