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Wie erfolgreich sind Agenturen bei New Business Pitches? Die oberflächliche Antwort ist eindeutig. Eigentlich hat man immer gewonnen, aber mindestens ist man zweiter geworden. Die bittere Wahrheit ist aber eine andere: Selbst große Agenturen kommen auf Gewinnquoten von gerade einmal 15 Prozent.

Unterhält man sich mit Agenturentscheidern unter vier Augen und strikt „off the record“ über die prozentuale Höhe der gewonnen Pitches im New Business, so kommt man zu erstaunlichen Ergebnissen. Die Spanne reicht von erstaunlichen 70 Prozent, bis zu ebenso bemerkenswerten 15 Prozent. Gerade die zuletzt genannte Quote klingt unseriös niedrig, und so gut wie alle Agenturentscheider distanzieren sich natürlich davon. Aber geht man bei einem New Business Pitch von vier teilnehmenden Agenturen aus, so kommt man auf eine durchschnittliche Gewinnquote von 25 Prozent. Stellt man weiter in Rechnung, dass auch mehr Agenturen im Wettbewerb stehen können und längst nicht bei jedem ein Sieger gekürt wird, klingen 15 Prozent durchaus realistisch.

Auch wenn die New Business Gewinnquote nur bei 30 Prozent liegt, werden hier viel Geld und andere Ressourcen einfach verbrannt. Schließlich sind solche Wettbewerbe kostenintensiv. Kann man sich hier verbessern, so hat man einen starken Hebel für Einsparpotenziale. Wohin müssen Agenturen sich bewegen, damit sie mehr Pitches gewinnen? Für ein solches Vorhaben existiert natürlich kein Allheilmittel. Bestimmte Pitchsituation lassen sich auch nicht vermeiden, zum Beispiel weil der Einkauf darauf besteht oder andere Regularien keine Alternativen zulassen. Aber besser als 15 Prozent Gewinnquote muss man sein.

Mit viel Elan starten und dann nachlassen

Spricht man mit Marketingentscheidern, so berichten diese, dass Agenturen nach einem gewonnenen Pitch mit viel Elan starten. Sobald sie sich aber sicher im Sattel fühlen, lässt ihre Einsatz nach. Sie schalten erst in den Normal- und manchmal in den Sparmodus. Fällt ihre Leistung derart ab, ist die einzige Lösung, einen Pitch auszurufen.

Genauso bekannt, aber immer noch unverändert, ist die Austauschbarkeit der Agenturen auch im New Business. Woran soll sich eine Kunde orientieren, wenn sich alle Agenturen so ähnlich sind? Worin liegt der Unterschied, wenn sich nur die Networks anschaut? Gibt es einen? Bei den inhabergeführten ist die Situation keine wirklich andere. Einen Ausweg können die Häuptlinge an der Spitze sein; dazu benötigen sie aber sowohl Strahlkraft als auch Sendungsbewusstsein. Jedem ist beides nicht gegeben. Einen anderen Weg Kompetenzen besser dazustellen, zeigt Saatchi gerade auf. Hier führt man eine Unitstruktur ein, die die Agentur in die Bereiche Automotive, Healthcare & Beauty sowie Home & Office Technology und FMCG untergliedert. Der Kundenvorteil liegt auf der Hand: Für Entscheider wird die Branchenerfahrung schnell klar. Ähnlich gehen inhabergeführte Agenturen vor, die sich auf eine oder zwei Branchen konzentrieren; sie werden so zu Spezialisten.

Vorbereitung ist auch im New Business eigentlich Alles

Entscheider aus dem Marketing sprechen immer wieder an, dass sich die Agenturen nicht ausreichend auf ihren potenziellen Neukunden vorbereiten. Dazu ein Beispiel: Die Patrizia Immobilien AG mit Sitz in Augsburg ist ein globaler Anbieter von Immobilieninvestments in Europa. Diese grundlegende Information zu recherchieren, ist mehr als einfach; sie erscheint prominent auf der Homepage des Unternehmens. Der Marketingleiter Ralf Lanzrath berichtet, dass Agenturen ihre Kompetenz darstellen wollen, indem sie ihm offenbaren: „Da kenne ich mich aus, ich habe auch gerade eine Wohnung gekauft!“. Für ihn ist dann sofort klar, dass diese Agentur sich überhaupt nicht mit seinem Unternehmen beschäftigt hat. Sie hat überhaupt nicht verstanden, welche Leistungen das Unternehmen anbietet und vermarktet. Ralf Lanzrath sagt weiter dazu: „Ob sich eine Agentur in meinem Bereich auskennt, erkenne ich an den Fragen, die mir die Verantwortlichen stellen. Das so präsentierte Know-how ist eine wichtige Entscheidungsgrundlage, um mit einer Agentur weiter zu arbeiten oder diesen Prozess zu stoppen.“ Es versteht sich von selbst, dass eine Recherche über das Produkt bzw. die Leistungen zu wenig ist. Agenturen können ihre Pitchgewinne erhöhen, indem sie möglichst viel über die Position des Entscheiders herausfinden. Was ist seine Rolle? In welchem Beziehungsgeflecht steht er? Welche Ziele verfolgt er persönlich und geschäftlich?

Was bereitet dem Entscheider schlaflose Nächte?

Aber es hakt auch noch an anderen Stellen. Beschäftigt man sich mit der Selbstdarstellung von Agenturen, so findet man oft Phrasen wie: „Wir beschäftigen uns intensiv mit dem Briefing eines Kunden und hinterfragen dies kritisch.“ Die Praxis lehrt das Gegenteil: Die meisten Agenturen erzählen dem Kunden viel lieber, dass alles ganz einfach ist; natürlich präsentiert man dem Unternehmen eine tolle Lösung. Aber stellt man sich so kritiklos einen Berater vor? Wohl kaum! Sie sollten doch viel mehr die Vorstellungen, des Unternehmens in Frage stellen. Dies wird zwar oft gesagt, aber kaum eingelöst. Christiane Bohlmann, Leiterin Marketing & Kommunikation für Deutschland bei HeidelbergCement, kommentiert dies so: „Agenturen neigen generell dazu, Informationen von Kundenseite zu kritiklos aufzugreifen. Ich würde mir wünschen, dass man diese stärker hinterfragt. Dies ist sicherlich anstrengender, führt aber zu besseren Ergebnissen.“ Unternehmen sind sicherlich Spezialisten bei der Vermarktung ihrer Produkte und Leistungen. Aber Agenturen haben den Vorteil, dass sie ein breiteres Spektrum überblicken. Davon können die Aufraggeber profitieren, wenn ihr Briefing entsprechend hinterfragt wird. Es versteht sich von selbst, dass dieser Rat natürlich nicht nur bei einem Pitch genutzt werden sollte. Vielmehr ist es sinnvoll, bei jedem Gespräch die Inhalte zu hinterfragen. An dieser Stelle, so scheint, es passen Selbst- und Fremdbild der Agenturen nicht zusammen.

Was zu tun ist, wenn man zweiter Sieger ist

Der Pitch ist verloren und man ist mal wieder zweiter geworden. Was nun? Häufig belässt man es dabei. Man nutzt nicht die Möglichkeit nachzufragen, was die genauen Gründe für den zweiten Platz sind. Ein Agenturvertreter kommentiert das so: „Viele Agenturkollegen sagen natürlich, dass sie nach den Gründen des Nichtgewinns fragen. Dafür muss man aber nochmals zum Unternehmen fahren und dort Zeit für ein Meeting haben. Auch die Inhalte eines solchen Gespräches sind nicht wirklich positiv. Deswegen nimmt man sich ein solches Feedback zwar immer vor, aber meist scheitert es am zeitlichen Aufwand und an der Hektik des Tagegeschäftes.“ All das ist verständlich, aber auch massiv schade, weil man aus einem solchen Feedback eine Menge lernen kann. Kann man seine Präsentation verbessern? Hat man bei der Strategie richtig gelegen? War die Umsetzung sauber und auf den Punkt?

Die Pitchquote im New Business zu verbessern, ist lebensnotwendig für Agenturen, gerade weil Ausschreibungen in Zukunft vermehrt aufkommen und mit hohen Kosten verbunden sind. Dazu stehen viele Hebel zur Verfügung. Um diese einzusetzen, müssen Agenturen ohne Scheuklappen Eigen- und Fremdbild besser zusammen bringen.

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