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Krisen sind für Unternehmen heute ein Dauerthema. Noch mehr als vor einigen Jahren kommt es auf kurze Reaktionszeiten an. Das betroffene Unternehmen und die unterstützenden Dienstleister müssen Hand in Hand arbeiten. Gibt es als akquirierende Agentur auf diesem Feld überhaupt Chancen, ein Mandat zu bekommen.

Ich sprach darüber mit Martin Riecken , der für die Krisenkommunikation beim TUI Konzern in Hannover verantwortlich ist. Er antwortete diplomatisch: Ein Medientraining mit einem neuen Partner sei immer möglich, wenn es aber um die Bewältigung wirklicher Krisen gehe, so seien global aufgestellte Partner im Vorteil. Also schlechte Karten für Agentur hier New Business zu machen? Martin Riecken erläuterte mir ausführlich, wie er die New Business Bemühungen auf diesem Feld einschätzt.

Setzt man sich mit Krisenkommunikation auseinander, so stellt man fest, wie sehr sich dieser Bereich in den letzten Jahren verändert hat. Martin Riecken, der vor seinem Wechsel zur Krisenkommunikation beim TUI Konzern in Hannover im Frühjahr 2015 für die Lufthansa maßgeblich an der Bewältigung der Germanwings-Katastrophe mitgearbeitet hat, sagt: „Auch wenn es ein alter Hut ist, muss man natürlich zuerst feststellen, dass die Krisenkommunikation heute mit viel mehr Geschwindigkeit funktioniert, als man dies noch vor einigen Jahren gekannt hat. Vergleicht man die heutige Situation mit der, bevor Social Media massiv zum Tragen kam, so ist jetzt die Reaktionszeit auf Nachrichten aus dem sozialen Raum massiv gesunken.“ Exemplarisch zeige sich dies daran, dass man, um einen Tweet zu schreiben, weniger als 30 Sekunden benötige. Schon eine solche Meldung könne aber der Auslöser einer Krise sein. Ein Unternehmen benötige aber viel mehr Zeit, um darauf zu reagieren. Dies dauert oft mehr als 24 Stunden. Diese Welten gelte es in Einklang zu bringen. Und das sei auch immer eine Frage des Kulturwandels.

Keine Krise bleibt im Verborgenen

Riecken weiter: „Neben der Schnelligkeit ist aber heute die Wahrscheinlichkeit viel größer geworden, dass kritische Themen früher oder später öffentlich werden.“ Der Krisenexperte warnt vor dem Gedanken, man könne darauf hoffen, dass Krisen im Unternehmen oder gar in einem bestimmten kleinen Zirkel verblieben. Er erläutert: „Noch vor zehn Jahren haben viele Verantwortliche genau darauf gebaut. Heute sind die Gefahren, die gerade ein Konzern mit einem solchen Vorgehen in Kauf nimmt, einfach zu groß.“

Noch eine wesentliche Veränderung erläutert er mir. Als Unternehmen könne man heute nicht mehr von oben nach unten kommunizieren. Vielmehr müsse man seinen Stakeholdern zuhören und ihre Positionen verstehen. Erst nachdem dies passiert sei, reagiert man bzw. kann auch dann seine Position nochmals nachbessern. Gute Agenturen können dabei helfen, Nachrichten einzuordnen und richtig darauf zu reagieren. Dies gehe zum einen dadurch, dass sie die fehlenden Ressourcen zur Verfügung stellten und zum anderen indem sie dabei unterstützten, die Bedeutung der einzelnen Botschaften klarer darzustellen.

Das Thema Krisenkommunikation hat bei TUI eine hohe Bedeutung. Dies gilt gerade vor dem Hintergrund einer globalen Herausforderung. Daher hat mich interessiert, wie ein Dienstleister überhaupt aufgestellt sein muss, damit er eine Chance hat, für das Unternehmen tätig werden zu können. Erhält ein lokales Unternehmen mit einigen Mitarbeitern hier überhaupt eine Möglichkeit? Riecken sagt dazu: „Die Antwort auf diese Frage ist von der konkreten Aufgabe abhängig. Wenn wir uns zum Beispiel über das Thema Medientraining unterhalten, so kann es durchaus sinnvoll sein, mit spezialisierten kleinen Dienstleistern zu sprechen; mit ihnen kann es auch zu einer Zusammenarbeit kommen. Gerade diese Unternehmen haben in den jeweiligen Ländern eine hohe lokale Kompetenz. Wenn es aber um die Bewältigung wirklicher Krisen geht, so sind eindeutig global aufgestellte Partner die bessere Alternative; sie haben eine entsprechende Größe und eine spezielle Work-Practice. Man kann natürlich auch hier über Lösungen nachdenken, die eher auf Spezialisten in den einzelnen Ländern abstellen. Mit einer solchen Lösung geht aber natürlich ein hoher admininstrativer Aufwand einher. Man muss die Frage stellen, ob man mit einem oder einem Dutzend Menschen in einer solchen Situation reden will.“

New Business konkret: „Schwierig ist, wenn mir Dinge erzählt werden, die ich schon weiß“

Dann hat mich noch interessiert, wie mein Gesprächspartner die Herangehensweise von Agenturen im New Business beurteilt, wenn sie also mit einem potenziellen neuen Kunden wie ihm ins Gespräch kommen wollen? Riecken nimmt kein Blatt vor den Mund, wenn er sich hier zum New Business äußert: „Als massiv schwierig empfinde ich es immer, wenn mir Dinge erzählt werden, die ich schon weiß. Wo man annehmen kann, dass dies auch in der Community bekannt ist. Es kann durchaus Sinn machen, nach einer Krise anzuklopfen und über Aspekte sprechen zu wollen, die man hätte besser machen können. Dies setzt natürlich ein gewisses Maß an Fingerspitzengefühl voraus: Auf der Seite soll man ein klein wenig der Besserwisser sein, auf der anderen bedarf es auch wenig Demut. Die Vorschläge sollten natürlich auch nicht als überheblich wahrgenommen werden. Wenn ich schnell und einfach den Mehrwert eines Angebots erkennen kann und im Gespräch echte Expertise verspüre, bin ich immer für eine aktive Ansprache offen.“

Dieser Beitrag ist auch beim PR-Journal erschienen.This cotent is only available in German.