Sexistische Werbung hin oder her: Geplante neue Werbeverbote stoßen in der Branche auf Unverständnis. Warum ist das Thema unter Politikern trotzdem so populär? Es ist einfacher, sich mit Symptomen zu befassen als deren Ursachen zu bekämpfen.
Mal wieder soll es der Werbung an den Kragen gehen. Geschlechterdiskriminierende Werbung will der Justizminister in Zukunft unterbinden. Deutschland soll sich nach der Vorstellung von Heiko Maas künftig in einem moderneren Geschlechterbild kleiden.
In welchem Staat leben wir eigentlich, dass dieser zu wissen glaubt, wie das Geschlechterbild auszusehen hat und dies auch noch seinen Bürgern vorschreibt? Und damit nicht genug: Bis in die kleinsten Bereiche wie die der Kommunikation will man es durchdeklinieren und steuern? Das kennt man sonst eher von Staaten, die sich weit weg von Demokratie und Meinungsfreiheit bewegen. Sollte es hier wirklich zu einer gesetzlichen Regelung kommen, so wird das primär ein Festtag der Rechtsvertreter werden.
Was mich an dieser Initiative am meisten erstaunt, ist, dass hier mal wieder ein kleines Thema massiv hochgekocht wird. Schaut man sich die Rügen an, die der Werberat jedes Jahr ausspricht, so handelt es sich so gut wie immer um regional sehr begrenzte Werbeaktionen (von Kampagnen kann man meist nicht sprechen). Diese erhalten erst durch die Tadelung des Werberates eine große Sichtbarkeit und Bedeutung. Sie gingen schlicht und ergreifend im „Information-Overload“ unter, würden sie nicht vom Werberat auf das große Schild gehoben. Manchmal ist Aussitzen als Problemlösung durchaus nicht zu verachten. Schaut man sich die entsprechenden Dienstleister an, die diese Aktionen gestalten, so findet man oft Inhouse-Lösungen. Keine Agentur, die morgen noch auf dem Markt sein will, wird eine plumpe Seximus-Idee vorschlagen und umsetzen. Sexistische Werbung kennt keine gute Agentur.
Aber sich nur mit kleinteiliger Werbung zu befassen, führt zu keiner Öffentlichkeit und damit zu nichts. Foodwatch macht dies gerade wieder einmal beispielhaft vor. Deswegen müssen Organisationen wie Pinkstinks auch größer denken und handeln. Um Sichtbarkeit und Lautstärke zu gewinnen, kann man sich nicht den Autohändler um die Ecke vorknöpfen. Da muss man sich schon mit größeren Unternehmen anlegen. Von denen gibt es aber kaum welche, die sexistisch werben (von dieser aktuellen Ausnahme mal abgesehen). Und wenn, dann meist so, dass sie sich damit ohnehin keinen Gefallen tun.
Doch was ist bitte daran sexistisch, wenn der Po einer Frau von hinten gezeigt wird, die mit einem Bikini bekleidet ist? Mit diesem Motiv bewirbt ein bekannter Anbieter von Urlaubsreisen seine Sommerangebote. Heißt dies, weiter gedacht, dass alle Frauen, die am Strand einen Bikini tragen, Sexisten sind?
Nun mag es durchaus Motive geben, die Frauen in einem „geschlechtsbezogenen Unterordnungsverhältnis“ darstellen, etwa wie in dieser Skyy-Vodka-Anzeige. Doch wenn man solche Kampagnen zensieren, pardon, verbieten würde – ändert sich dann etwas am Verhältnis der Geschlechter? Wohl kaum. Werbung ist hier vielmehr nur der Ausdruck real existierender Gegebenheiten. Und die existieren völlig unabhängig davon, ob man diese Werbung nun veröffentlichen darf oder nicht. Aber es ist natürlich einfacher, sich mit den Symptomen zu befassen und diese anzugreifen, als die wirklichen Ursachen anzugehen.
Machen wir uns nichts vor: Die Zensur für angeblich sexistische Werbung ist nur ein Schritt. Andere Bereiche werden folgen, wo man auch Sexismus zu finden glaubt. Am Ende des Tages mag es zwar keine Diskriminierung mehr geben, aber wir leben dann in einer eingeebneten Welt.
Wer will das?
Dieser Beitrag ist auch bei Werben und Verkaufen erschienen.This content ist only avialabe in German.