+49 (0)761 48980735 heiko@burrack.de
Marketingeinkauf

Copright: Thomas Holzapfel

Der Einkauf spielt eine immer wichtigere Rolle sowohl bei der Agenturauswahl als auch bei der weiteren Zusammenarbeit mit den Dienstleistern. Vorreiter bei der Einführung des Agentureinkauf waren und sind international agierende Konzerne. Aufgrund der Budgethöhe des Marketings sind bei ihnen die Einsparpotenziale besonders groß. Eben deswegen können sich hier Mitarbeiter auf den Einkauf von Agenturleistungen spezialisieren, was im Mittelstand nur selten der Fall ist. Ich habe mit Thomas Holzapfel gesprochen, der bei der Deutschen Telekom den Agentureinkauf leitet.

Ein besonderes Ärgernis sind aus Agentursicht kostenlose Pitches. Welche Meinung haben Sie zu dieser Sicht der Dinge als Verantwortlicher für den Agentureinkauf?

Thomas Holzapfel: Agenturen sollten sich bewusst sein, dass ihre Branche die einzige ist, in der über Pitchhonorare überhaupt diskutiert wird und wo diese manchmal gezahlt werden. Nehmen Sie die Telekom als Beispiel: Wenn wir uns um einen Auftrag bewerben, müssen wir für die Entwicklung eines Konzepts Geld in die Hand nehmen. Wird dann noch ein Angebot erstellt, kann für einen komplexen

IT-Outsourcing-Deal ein großes Team über mehrere Monate beschäftigt sein. Natürlich werden derartige Aktivitäten nicht vergütet. Agenturen kann ich nur raten, dass sie sich ihre Erfolgsaussichten klar vor Augen führen. Auf dieser Basis sollten sie entscheiden, ob die Teilnahme an einem gegebenenfalls nicht honorierten Pitch für sie sinnvoll ist.

Der Einkauf wird von den meisten Agenturen als reiner Kostendrücker wahrgenommen und verstanden. Teilen Sie diese Meinung? Welches sind aus Ihrer Sicht die grundsätzlichen Ziele des Agentureinkaufs?

Holzapfel: Für uns geht es nicht darum, eine beliebige Leistung möglichst günstig einzukaufen. Wir sehen uns vielmehr in der Verantwortung, Werte zu schaffen. Deswegen achten wir nicht nur auf den Preis. Wichtig ist die Gegenleistung, die wir erhalten. Eine weitere wichtige Aufgabe des Einkaufs ist es, dass wir unsere Anforderungen an Agenturen im Vorfeld klar definieren, transparent darstellen und später dafür sorgen, dass sie auch erfüllt werden.

Im Zusammenspiel von Agentur und ihren Kunden ist immer wieder auch die mitunter hohe Mitarbeiterfluktuation auf Agenturseite ein Thema. Stört Sie das in Ihren Abläufen?

Holzapfel: Fluktuation bei Agenturen sehe ich ambivalent. Einerseits befinden wir uns in einem sich schnell bewegenden Markt mit erklärungsbedürftigen Produkten. Es ist natürlich gut, wenn die Mitarbeiter von Agenturen in der Zusammenarbeit mit der Telekom erfahren sind. Andererseits sind uns natürlich auch neue Ideen und Innovationen wichtig.

Was den Agentureinkauf angeht, wird diskutiert, ob denn Einkäufer von Agentur- und Marketingleistungen von dieser Thematik etwas verstehen müssen. Die Kontra-Meinung verneint dies. Schließlich sollte der Agentureinkauf keine Werbung machen, sondern die Kosten vergleichen. Für die Pro-Meinung ist Wissenstiefe zwingend ,weil sie die qualitative Dimension vieler kommunikativer Leistungen sieht. Diese kann man nicht genau spezifizieren. Auf welcher Seite stehen Sie?

Holzapfel: Es ist generell wichtig, dass der Einkäufer die Produkte und Dienstleistungen, für die er verantwortlich ist, gut versteht. Das gilt unabhängig davon, ob der Kollege Komponenten für unser Mobilfunknetz beschafft oder mit Kreativ-Agenturen zusammenarbeitet. Versteht ein Einkäufer, welche Faktoren die Gesamtkosten eines Projekts beeinflussen, kann er einen viel größeren Beitrag zum Erfolg leisten, als wenn er nur den Stundensatz verhandelt. Gerade im Marketingumfeld ändern sich die Anforderungen seit Jahren in einem atemberaubenden Tempo. Die Nutzung von Daten wird weiter an Bedeutung gewinnen. Ob Influencermarketing nur ein kurzlebiger Trend ist oder ein neuer Standard wird, muss sich zeigen. Im Marketingeinkauf müssen wir aber mit allen diesen Themen vertraut sein.

Der Agentureinkauf wünschst sich, mit möglichst wenigen Lieferanten zu arbeiten. Dem steht die Tendenz der steigenden digitalen Touchpoints entgegen, die die Anzahl der spezialisierten Lieferanten erhöhen kann. Wie geht man als Einkäufer damit um?

Holzapfel: Hier ist man sicherlich mit den Herausforderungen eines Spagates konfrontiert. Kurzfristig sind häufig kleine und schnelle Spezialisten gut geeignet, ein neues Thema zu unterstützen. Wenn dieses dann aber zum Mainstream wird, erweitern größere Agenturen ihr Portfolio um dieses Angebot.

Ein Credo des Agentureinkaufs ist das Schaffen von Wettbewerb. Dienstleister, die Teil des Agenturpools eines Unternehmens geworden sind, müssen sich auch dann noch beweisen. Soll heißen: Selbst wenn man Teil des Pools ist, garantiert dies nicht automatisch Aufträge. Um weitere Aufträge zu erhalten, müssen sich gepoolte Agenturen immer mit einem Angebot bewerben. Wird man denn auch gepoolte Agenturen zu einen Pitch bitten?

Holzapfel: Auch bei uns müssen die entsprechenden Agenturen bei einer neuen Projektanfrage ein Angebot abgeben. Ein Briefing zu bearbeiten, ist nur selten notwendig. Die Kosten, auf die wir uns mit der Agentur im Rahmenvertrag geeinigt haben, stellen für uns die Obergrenze dar. Lasten wir mit einem Projekt ein großes Team langfristig aus, erwarten wir ein entsprechendes Entgegenkommen bei den Konditionen.

Viele Agenturen neigen dazu, hinsichtlich ihrer Positionierung beziehungsweise ihres Geschäftsmodells ein möglichst breites Leistungsspektrum anzubieten. Kernkompetenzen verwaschen dann und man kann sich so nur schwer gegenüber Wettbewerbern differenzieren. Welchen Rat haben Sie hier?

Holzapfel: Gerade solche Dienstleister, die kein eindeutiges Geschäftsmodell haben, geraten leicht in einen Preiskampf. Alles zu können oder ein breites Leistungsspektrum anzubieten, bedeutet genau das. Eine Agentur mit einem klaren Profil wird weit weniger schnell über den Preis reden müssen. Auch und gerade Agenturen, die ihren Schwerpunkt im digitalen Bereich haben, kann man dies raten.

Diesr Beitrag ist auch bei Lead Digital erschienenThis content os only available in German.